Und dann ist da noch das Thema ums abendliche rausgehen und woanders schlafen.
Das Pubertier ist 16 Jahre und darf, laut Gesetzgeber bis 24 Uhr draußen bleiben. So weit so gut! Ich bin großzügig und lasse sie auch mal bis 1 Uhr durch Hamburg streifen – ich kann mich noch gut an die Diskussionen mit meiner eigenen Mutter erinnern und an das Feilschen um jede Minute länger. Auch das Übernachten bei Freundinnen lasse ich gerne zu, denn mir ist es lieb, wenn die „jungen Erwachsenen“ nicht alleine durch die dunklen Straßen laufen. Nun ist es aber inzwischen so, dass ich viele ihrer Freundinnen gar nicht mehr kenne, geschweige denn deren Eltern – so wie früher als die Pubertiere noch mit Barbies spielende Kinder waren. Dennoch: ich hatte mich dafür entschieden meinem Pubertier zu vertrauen.
Irgendwann bin ich dann doch etwas stutzig geworden, als sie bei XY geschlafen hatte und morgens um 9Uhr bei uns auf der Matte stand, weil es bei XY kein Frühstück gab.
Ich beschloss in Zukunft etwas gezielter nachzufragen, wenn es mal wieder um aushäusige Übernachtungen bei einer der vielen Freundinnen ging.
An einem der letzten Wochenenden machte ich daraufhin folgende Erfahrung, die ich euch in chronologischer Reihenfolge weiter geben möchte:
Freitag Abend 18Uhr: Das Pubertier eröffnete mir, sie wolle zu einer Party und bei Julia (Name von mir geändert) schlafen, weil Julia nicht weit entfernt von der Party, die am entgegengesetzten Ende von Hamburg stattfand, wohne. Ich schlug vor Julias Eltern anzurufen, worauf ich einen ziemlich erstaunten Blick erntete und die Aussage, sie würde mir später deren Nummer schicken.
Kurze Zeit später, es war 19 Uhr, war das Pubertier voll durchgestylt verschwunden.
Um 20 Uhr bekam ich eine Nachricht mit einer Handynummer, die ich anrief und mit einer Mailbox verbunden wurde.
Um 21 Uhr erhielt ich einen Anruf vom Pubertier, das mir erzählte, es würde nun doch nicht bei Julia übernachten, sondern bei dem jungen Mann, bei dem die Party stattfinden sollte. Worauf hin ich vorschlug, dann eben dessen Eltern anzurufen. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon mehr als überrascht, welche Wendungen dieser Abend genommen hatte und wie flexibel das Pubertier doch bezüglich Übernachtungsmöglichkeiten sein konnte. Dies brachte ich auch zum Ausdruck und meine Tochter befand, ich würde doch etwas übertreiben und ziemlich „rumstressen“.
Wieder wenig später –um 21.20 Uhr – bekam ich einen Anruf vom Pubertier, in dem es hieß, derjenige welcher würde in einer Jugendwohnung leben und feiern und es gebe gar keine Eltern mit denen ich mich in Verbindung setzen könne.
Uuuuups!!! Langsam wurde ich ein wenig ungeduldig und zweifelte stark an der Verlässlichkeit diverser vorheriger Aussagen und versuchte meiner Tochter näher zu bringen, dass das problematisch für alle weiteren Entscheidungen sein könnte.
Das Pubertier völlig entrüstet, schlug vor, ich könne mit ihrem besten Freund sprechen, der auch dort übernachte und auf sie aufpassen könne und würde. Ich atmetete tief durch und willigte ein. Allerdings sollte ich mich noch ein wenig gedulden, weil sie noch gar nicht mit ihrem besten Freund unterwegs war und sie könnten sich erst um 24 Uhr (=Beginn der Party, weil „vorher ist da eh nix los“) melden. Ich überprüfte meine Verständnisfähigkeit und verglich die Uhrzeit mit meinem natürlichen Biorythmus und sagte ihr, dass 24 Uhr, zu spät sei. Nach einigem Hin und Her und der Idee Sprachnachrichten zu senden, die ich mir am nächsten Morgen anhören könnte, war ihr bester Freund wenig später (22.15 Uhr) dann doch zu Stelle und versicherte mir, dass er gut auf mein Wertvollstes aufpassen würde und ich ließ die Kinder und mich zur Ruhe kommen.
„Puh“ mögt ihr euch vielleicht an der Stelle denken; das ist schon grenzwertig und vielleicht hätte der eine oder andere Elternteil das Pubertier schon lange vor 22.15 nach Hause diktiert. Aber ich habe das Gefühl, in diesem Chaos haben wir beide viel gelernt, was Zulassen, Zumuten und Vertrauen angeht.
Wir konnten dann auch am nächsten Morgen beim gemeinsamen Frühstück um 10Uhr (jetzt konnte ich mir auch vorstellen, warum es so häufig kein Frühstück gibt) darüber sprechen und uns über unsere jeweiligen Sicht – und Emfindungsweisen austauschen. Und ich glaube tatsächlich, bei ihr ist angekommen, dass es mir darum geht, offen und ehrlich miteinander zu sein. Auch wenn das für sie vielleicht heißt, ein „Nein“ von meiner Seite zu riskieren (denn das war ihre größte Befürchtung).
Und dass das für mich vielleicht heißt, nicht immer ganz genaue Angaben darüber zu haben, wo und bei wem Partys stattfinden oder (viel schlimmer) sogar, was dort stattfindet, sondern ihr einfach zu vertrauen.
Letztendlich muss sie ihre eigenen Erfahrungen machen – wie auch wir alle unsere machen mussten, um zu verantwortungsvollen Menschen heranzureifen. Aber den Rahmen, den ich noch 2 Jahre vorgeben darf und vielleicht sogar muss, sollten wir unter anderem mit Respekt und Ehrlichkeit füreinander füllen.
Das hat auch das Pubertier verstanden. Zumindest erhalte ich seither etwas genauere Angaben und auch Auskunft über spontane Veränderungen an den Abenden, an denen meine geliebte, junge heranwachsende Tochter unterwegs ist.
Es ist und bleibt spannend in unserem pubertierischen Zusammenleben! Und stellt mich immer wieder vor die Frage, wie würde ich im pubertierischen Dschungel ohne Yoga überleben?
Auf jeden Fall weniger entspannt und gelassen!
Bis bald
Daniela
Liebe Daniela,
auch wenn ich Deine Beiträge über das Leben mit Deinem Pubertier vorab schon lesen kann, bin ich jedesmal begeistert, wenn sie online gehen. Ich sehe Euch beide ganz deutlich vor mir, höre Eure Stimmen, sehe Dich auf der Yogamatte um neue Fassung und Entspannung ringen… Glücklich darüber, dass es Euch in Hamburg gibt.
Alles Liebe Euch, Kerstin